Klimaschutz aus Remscheid - Neutral und wissensbasiert

Future Cleantech Architects (FCA) will die Entwicklung hocheffektiver Technologien zur Reduktion der industriellen Treibhausgasemissionen voranbringen. Das Remscheider Unternehmen wurde 2020 von Dr. Peter Schniering gegründet.

Wie kam es zur Gründung von Future Cleantech Architects und welche Ziele verfolgt Ihre Denk-fabrik?

Dr. Peter Schniering: Gestartet ist die Organisation als internationale Initiative: alle frühen Unterstützer haben im Bereich der Sprunginnovation im Klimaschutz oder der Skalierung von Technologie gearbeitet. Mich begleitet das Thema seit meiner Promotion an der Universität Bonn. Im Anschluss war ich – neben der Rolle im Maschinenbau – etwa als Berater für das Sekretariat der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen in Bonn und für die Internationale Energieagentur in Paris tätig. Allen Beteiligten der ersten Stunde von Future Cleantech Archi-tects war klar, dass technologischer Fortschritt der größte Hebel in puncto Klimaschutz ist und genau diese Innovationen fördern wir.

Warum haben Sie Remscheid als Firmensitz gewählt?

Dr. Peter Schniering: Ich komme aus der Region und bin unter anderem durch ein Familienunternehmen aus dem Maschinenbau, Firma Schumacher, in Remscheid verwurzelt. Der hier ansässige Mittelstand und die Anwendungen der (Schwer-)Industrie stellen gemeinsam mit Dienstleistungsunternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen ein unglaubliches Potenzial für Transformationsprozesse und die Energiewende dar. Wo soll diese in Europe gelingen, wenn nicht hier?

In Ihrer Arbeit stellen Sie einige der umwelttechnisch am schwersten zu verändernden Sektoren in den Fokus – einer davon ist Zement. Wo liegen hier die Herausforderungen?

Dr. Peter Schniering: Zement ist ein etablierter Baustoff und gehört mit acht Prozent zu den weltweit größten CO2-Emittenten. Selbst wenn die Produktion gänzlich auf grüne Energie umsteigt, ist nur eine Senkung um 40 Prozent möglich, der übrige Teil sind Prozessemissionen, die aus dem verarbeiteten Kalkstein – der CO2 bindet – resultieren. Deshalb ist an mehreren Stellen anzusetzen: Wir müssen zum Beispiel die Nachfrage reduzieren, Betonabfälle recyceln und den Kohlenstoff speichern. Die damit verbundenen Technologien müssen entweder noch entwickelt oder über bereits bestehende Lösungen in die Industrie integriert werden.

Weitere Themen sind die Bereiche Wasserstoff, Luftfahrt und Energiespeicherung. Wie ist hier der aktuelle Stand?

Dr. Peter Schniering: Bei Wasserstoff ist die Priorisierung die Hauptherausforderung. Seine Nutzung wird für viele Bereiche diskutiert, in denen Wasserstoff keinen Sinn macht. In der Stahlherstellung und in der Chemieindustrie wird er benötigt, als E-Fuels für PKWs jedoch nicht – hier gibt es bereits bessere Alternativen mit der direkten Elektrifizierung, ebenso in vielen anderen immer noch verfolgten Anwendungen. Zudem basiert fast die gesamten Wasserstoff-Produktion auf fossilen Rohstoffen und stellt im jetzigen Produktionsumfang nur einen Bruchteil des zukünftigen Bedarfes dar. In der Luftfahrt braucht es ein sehr schnelles Hochfahren der Kapazitäten für sogenannte Sustainable Aviation Fuels, kurz SAF, also nachhaltige Flugkraftstoffe als Alternative zu Kerosin. Zugleich müssen andere Mobilitätsarten auf- und ausgebaut werden, etwa im Schienenverkehr. Hohe Subventionen und Steuerbefreiungen sind in der Luftfahrt große Hemmnisse für Innovationen. Energiespeicherung ist essentiell für eine gelingende Energiewende. Mit einem steigenden Solar- und Windanteil in der Energieerzeugung nimmt das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu. Langzeit-Energiespeicher sorgen für ein Gleichgewicht. Hier gibt es verschiedene Lösungen, wozu Batteriespeicher, mechanische Speicher, wie Pumpspeicher, thermische Speicher, zum Beispiel Wärmekraftmaschinen, und chemische Speicher, worunter die Umwandlung in Wasserstoff fällt, gehören. Doch fehlt es vor allem an den politischen Rahmenbedingungen, die Innovation, Entwicklung und Umsetzung solcher Technologien fördern.

Wie und mit wem arbeiten Sie an den Lösungen?

Dr. Peter Schniering: Wir versuchen positiven Druck in das gesamte System zu bringen. Das beginnt damit, dass wir vielversprechende Innovationen engmaschig begleiten und mit führenden Forschungsinstituten in konkreten Konsortien zusammenarbeiten. Wir beraten aber vor allem relevante Akteure aus Industrie, Politik und Gesellschaft neutral und wissensbasiert, etwa bei Gesetzgebungsverfahren. Als Veranstalter des The ARC Festivals bringen wir internationale Vertreter zusammen und tauschen uns über erfolgreiche Strategien, innovative Ansätze und neue Technologien aus.

Gibt es lokale Kooperationen in Remscheid und im Bergischen Städtedreieck?

Dr. Peter Schniering: Wir kooperieren in der Technologieentwicklung mit einer Reihe von Industrieunternehmen und Einrichtungen, wozu zum Beispiel die Bergische Universität, das Wuppertal Institut, die in Remscheid sitzende Forschungsgemeinschaft Werkzeuge und Werkstoffe (FGW) und auch mehrere produzierende Unternehmen gehören. Zudem werden wir regelmäßig für weitere Kooperationen angefragt.

Welche Möglichkeiten gibt es, Ihr Unternehmen zu unterstützen?

Dr. Peter Schniering: Als unabhängige, gemeinnützige GmbH verfolgen wir keine kommerziellen Interessen. Unser internationales Team setzt sich durchgehend aus ‚Überzeugungstätern‘ zusammen, sonst könnten wir diese herausragenden Absolventen, etwa aus Cambridge, auch gar nicht halten. Mittlerweile arbeiten wir mit zehn Mitarbeitern in fünf europäischen Ländern. Gleichzeitig sind wir mit einem klaren Bekenntnis zu Remscheid und dem Bergischen Land verwurzelt und freuen uns über jegliche Unterstützung – sei es in Form von Spenden oder über neue Industriekontakte oder Kooperationen.

Das Gespräch führte Martin Wosnitza.

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